Gregorianik

Was ist der Gregorianische Choral?

Als Gregorianischer Choral wird gemeinhin der einstimmige und unbegleitete lateinische Gesang der römisch-katholischen Liturgie bezeichnet, eine seit der Antike überlieferte Gesangstradition.

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Diese Tradition wird in der katholischen Kirche bis heute gepflegt und hat ihren festen Platz in der Liturgie. Im Gegensatz zu den Kirchenliedern der jeweiligen Landessprachen lässt sich der gregorianische Choral als objektiver Gesang der Liturgie bezeichnen.
Die gregorianischen Gesänge für die Liturgie (Heilige Messe, Stundengebet) finden sich in Choralbüchern wie dem „Graduale Romanum“ oder dem „Liber Usualis“ zusammengefasst. Als Texte für die Gesänge dienen zumeist Texte aus der Hl. Schrift (hauptsächlich Psalm-Verse) oder Zitate von bedeutenden Heiligen, die entsprechend ihrem Inhalt bestimmten liturgischen Momenten zugeordnet sind. Die Choral-Melodien schmücken und deuten das liturgische Wort aus und verleihen ihm eine angemessene Feierlichkeit. Das Charakteristische am Gregorianischen Choral ist seine einfache Melodieführung mit kleinen Intervallen sowie die syllabisch unterlegten Texte (pro Ton eine Silbe). Im Gottesdienst werden sowohl die gleichbleibenden Teile (Ordinarium), als auch die veränderbaren Teile (Proprium) in Form von Gregorianik gesungen (häufig als Wechselgesang zwischen Schola und Gläubigen). Das Repertoire der gregorianischen Gesänge umfasst insgesamt etwa 30.000 überlieferte Handschriften.

Entwicklung der Gregorianik

Ihren Ursprung hat die Gregorianik in der frühchristlichen, lokalen Musik Westeuropas

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(u.a. altrömische, beneventanische, ambrosianische, mozarabische, gallikanische, fränkische und irische Choraltraditionen) und Gesangspraxis des oströmischen bzw. byzantinischen Reiches, wobei die Wurzeln vermutlich zu den altjüdischen Tempel- und Synagogen-Gesängen zurückreichen (Hinweise dazu liefern die Psalmen).
Die Notation der liturgischen Gesänge von West- und Ostkirche lassen eine Vielzahl von Parallelen erkennen, die auf einen gemeinsamen frühchristlichen Ursprung schließen lassen. Papst Gregor der Großen (590–604) soll die bis dato verfügbaren Gesänge geordnet und vereinheitlicht haben, was aber etliche Historiker anzweifeln. Jedoch wurden die Choräle erst ab etwa dem 8./9. Jahrhundert verschriftlicht. Die ebenfalls um diese Zeit aufkommenden Neumen (entwickelten sich vermutlich aus den cheironomischen Handzeichen („Winke“ des Kantors)) wurden als Zeichen über den zu singenden Texten angebracht wurden, um deren Melodieverlauf zu skizzieren. In den Handschriften des Benediktinermönchs Notker Balbulus (840-912) aus dem Kloster St. Gallen finden sich neben den Neumen auch erstmals spezielle Buchstaben (auch „Litterae significativae“ genannt) zur Anzeige des rhythmischen bzw. tonalen Verlaufs der Gregorianischen Choräle.
Es war damit jedoch nicht möglich die Tonhöhe bzw. die Intervalle zwischen den Tönen anzuzeigen, sondern nur einen sehr unpräzisen Melodieablauf. Um dieses Problem zu lösen, erfand Guido von Arezzo (992-1050) im Jahr 1028 das typische Liniensystem (Notation der Gesänge auf vier Linien im Terzabstand), welches erstmals im von ihm verfassten Antiphonarium verwendet wurde. Auf diese Weise ließ sich die Tonhöhe nun exakt festhalten. Zugleich entwickelte Guido von Arezzo die Solmisation (Benennung der Töne nach der Tonsilbe). Im 12. Jahrhundert entstanden daraus die bis heute gängigen Choral-Neumen bzw. Quadratnotation. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde ein großer Teil der Melodien stark gekürzt und verändert, die anschließend in der bis ins 19. Jahrhundert verbindlichen „Editio Medicaea“ (1614/1615) schriftlich fixiert wurden. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die französischen Benediktinermönche aus Solesmes unter ihrem Abt Dom Prosper-Louis-Pascal Guéranger (1805-1875) mit der Erforschung der mittelalterlichen Choräle und leiteten damit eine Wiederherstellung der ursprünglichen Gregorianik in der Kirche ein. Die Restitution wurde am 22. November 1903 von Papst Pius X. durch das promulgierte Motu Proprio „Tra le sollecitudini“ geregelt und mit der Veröffentlichung des Graduale Romanum im Jahr 1908 und des Antiphonale im Jahr 1912 („Editio Vaticana“) umgesetzt, worin die Form des Choralgesangs verbindlich festgelegt wurde.

Wirkung des Gregorianischen Chorals

Der Gregorianische Choral gehören zu den religiösen Gesängen, die in uns Menschen eine tiefe Sehnsucht nach Spiritualität und Transzendenz wecken können.

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Er verfügt über einen asketischen, schlichten und einstimmigen Charakter, frei von überflüssigen Tönen, musikalischen Kontrasten und einer Begleitung durch Instrumente.
Die Gesänge wurden von ihren Verfassern so komponiert, dass Wort und Melodie ganz eng aufeinander abgestimmt sind bzw. die Musik vollständig auf den Text ausgerichtet ist. Letzter besteht aus Versen unterschiedlicher Bibelstellen, die teilweise um kurze Kommentare ergänzt wurden. Das drückt sich in der meditativen Wirkung der Musik aus, die auf den Inhalt des gesungenen Choralverses als Wort Gottes fokussiert ist. Die Gregorianischen Melodien strahlen Schönheit, Klarheit, Stille und Mystik gleichermaßen aus.

Quelle: www.gregorianik-lernen.info (Textrevision: Guido Harzen)

Gregorianischer Gesang in Siegburg

Das Zentrum der Gregorianik-Pflege in Siegburg war die Benediktiner-Abtei auf dem Michaelsberg.

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Sie bestand von 1064 bis 2011 (mit einer Unterbrechung von 1803 bis 1914) und gehörte zur Kongregation von Subiaco, zu der in Deutschland nur noch die Abtei Kornelimünster bei Aachen gehört. Hier wurde der Gregorianische Choral im gesungenen Stundengebet der Mönche während des 800-jährigen Bestehens der Abtei täglich gepflegt.
Auch in der im Ursprung romanischen Stadtpfarrkirche St. Servatius gibt es eine (allerdings nicht durchgehend dokumentierte) lange Praxis des Erklingens des Gregorianischen Chorals. An diese Tradition schließt die „Choralschola St. Servatius“ an und gestaltet etwa 1x im Monat einen Sonntagsgottesdienst (Beginn: 9.30 Uhr) als lateinisches Choralamt. Interessierte Männer können gerne Mitglied in der Choralschola (Probe donnerstags 19.00 Uhr im Servatiushaus) und Teil dieser jahrhunderte alten lebendigen Gestaltung der Liturgie werden.
Die Klosterkirche St. Antonius in Seligenthal wurde 1251 im Wald des Wahnbachtals unterhalb der Wahnbachtalsperre erbaut und ist die älteste heute noch erhaltene Minoritenkirche nördlich der Alpen. Kunstgeschichtlich gehört diese Kirche zur rheinischen Spätromanik, dem so genannten rheinischen Übergangsstil. Die kleine Kirche, die für die Franziskanerminoriten ab dem 13. Jahrhundert, als ein Ort der Gottsuche, des Rückzugs und des Gotteslobes diente, umfasst ça. 25 x 12 m. Sie stellt aufgrund ihrer Klarheit und Einfachheit ein typisches Zeugnis klassischer Bettelordensarchitektur dar. Typisch ist der zierliche hölzerne Glockenturm.
Seit 2018 bewohnen 2 „Eremitinnen vom Berge Karmel“ eine Cella neben der Klosterkirche und pflegen hier den täglichen Gregorianischen Choral.

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